Kraftbox - Kraftgeschichte

Das Geschenk

Heute gibt es eine neue Kraftbox Kraftgeschichte. Viel Spaß beim Lesen!

Das Geschenk

Ein erneutes frustrierendes Weihnachtsfest lag hinter ihr. Lisa sah sich in ihrem Apartment um. Alles war wieder so kahl wie immer. Es fühlte sich besser an, freier und unbeschwerter. Früher hatte sie es kaum erwarten können ihre Wohnung in ein Weihnachtswunderland zu verzaubern, heute war das anders. Die wenige Weihnachtsdeko, die sie noch besaß, war wieder in den braunen Karton gewandert.

Engel mit Kerze

Sie betrachtete den erbärmlichen Inhalt. An der kitschigen Lichterkette, die sie schon in ihrem Jugendzimmer aufgehängt hatte, leuchtete, im angeschalteten Zustand, nur noch die Hälfte der Birnchen. Der kleine goldene Keramikengel hatte mal wieder ein Fest ohne wärmendes Licht auskommen müssen. Die abgebrannte Kerze in seiner Halterung wollte nicht mehr brennen. Als er noch bei ihrer Großmutter auf der Kommode stand, wäre ihm das nie passiert. „Oma ist tot, also gibt es keine neue Kerze mehr für dich. Und du – grins nicht so doof!“, fuhr sie den dicken Weihnachtsmann aus Gips an. „Deine Zeit ist auch um!“, sagte sie und schlug hastig den Karton zu.

Einsam stand die Box auf dem kleinen Esstisch, bereit wieder für ein Jahr in den tiefen des Kellerabteils vergraben zu werden. „Du bist so armselig und alleine, wie ich!“, sagte sie mit Blick auf die Kiste. „Du wirst auch nur noch kurz beachtet, schnell wieder weggeschoben und ignoriert.“ 

Die Abzweigung

Nachdem Lisa den Karton an seinen angestaubten Platz im Keller verfrachtet hatte, brauchte sie frische Luft. Es war bitterkalt. Ziellos lief sie durch die Straßen, setzte einen Fuß nach dem anderen in den Schnee, der durch das Streumaterial der Verkehrsbetriebe, nur noch eine graue Pampe war. Sie zitterte, bemerkte es aber nicht. Lisa registrierte erst als die Straßenlaternen aufleuchteten, dass es mittlerweile dunkel war. Sie sah auf und betrachtete ihre Umgebung. „Wo bin ich?“ Die Gegend kam ihr bekannt vor, im Dunkeln konnte sie die Wege aber nicht zuordnen. Sie lief weiter. „Hier stehen bleiben, kann ich ja schlecht!“, sprach sie sich Mut zu. Rastlos hastete sie durch die Straßen, die eisige Kälte war inzwischen bis zu ihrer Haut vorgedrungen. Ihre Augen suchten nach einem Hinweis, einem Erkennungspunkt bis sie plötzlich abrupt stehen blieb.

Die Abzweigung kannte sie. Sie war hier früher mehrmals die Woche mit ihrem Auto abgebogen. Heute konnte und wollte sie diesen Weg nicht nehmen. „Wofür auch?“, platze es aus ihr heraus. Ihre Füße schienen die Frage beantworten zu wollen. Lisa spürte, wie sie sich bewegten und der Abzweigung folgten. Sie versuchte, dagegen anzukämpfen, umzudrehen und wegzulaufen. Ihr Körper gehorchte nicht.

„Geh um die Ecke.“, sprach eine leise vertraute Stimme zu ihr. Sie riss den Kopf rum, versuchte, den Sprecher zu entdecken, aber hier war niemand.

Das alte Haus

Lisa bog um die Ecke. Das große, alte Haus stand noch an seinem Platz. Wie jedes Jahr thronte ein beleuchteter Rudolph mit goldenem Schlitten auf dem Dach. Die riesige Tanne neben der Eingangstür schmückten dutzende Lichterketten. Selbst die Regenrinnen wurden von kleinen Birnchen beleuchtet. Bruno hatte dieses Jahr wieder alles gegeben, dachte sie. Leise schlich sie näher ran. Das Schild an der Haustür war jetzt deutlich zu erkennen. „Haus Elisabeth – Seniorenresidenz“. 

Lisa atmete tief ein. Die eisige Luft strömte durch ihre Lungen, nahmen ihr das Gefühl der Atemlosigkeit aber nicht. Vor drei Jahren hatte sie hier mit ihrer Oma noch den Heiligen Abend gefeiert. Es war ein festlicher und gemütlicher Abend gewesen.

Einen Tag später war sie tot.

„Es tut mir leid. Ihre Großmutter ist friedlich im Schlaf gestorben.“ Das waren die Worte der Nachtschwester gewesen. Sie hatten Lisas Leben verändert. Der einzige Mensch, der ihr am Herzen lag, war fort. 

Ein Wiedersehen

„Hey Kleines, schön dich zu sehen. Wieso stehst du hier in der eisigen Kälte? Komm rein!“, hörte sie eine bekannte, brummende Stimme hinter sich. Lisa drehte sich um und lächelte. Den alten Mann an, der mit seiner roten Jacke und dem Vollbart aussah, als wäre er mit Rudolphs Schlitten vom Nordpol angereist, hatte sie immer sehr gemocht. Er war mehr als nur der Hausmeister, er war die gute Seele der Residenz und der beste Freund ihrer Oma gewesen. Vielleicht waren die Beide auch mehr als nur gute Freunde – das hatte sie nie hinterfragt.

„Hallo Bruno, ich freue mich auch, dich zu sehen. Das Haus sieht wunderbar aus. Du hast dich selbst übertroffen.“ „Danke für die Lorbeeren Kleines, ist mein Job. Jetzt komm schon rein. Du erfrierst hier draußen. An dir ist ja nichts dran.“ „Ich kann nicht! Ich gehöre hier nicht mehr her.“, murmelte Lisa leise. „So ein Unsinn! Du warst schon viel zu lange nicht mehr hier. Rein jetzt!“

Er öffnete die Haustür, hielt sie für Lisa auf und zwinkerte ihr aufmunternd zu. Sie sah ihn an, wusste, dass jede Widerrede zwecklos war, und trat zögernd über die Schwelle.

Im Haus duftete es nach Plätzchen und Zimt. Wie früher, dachte Lisa. Auch der Weihnachtsbaum in der Eingangshalle hatte sich nicht verändert. Die roten Kugeln und das goldene Lametta, wie jedes Jahr. „Wir gehen in mein Büro!“, sagte Bruno bestimmend, nachdem er sich den Schneematsch von den Schuhen getreten hatte. „Ich habe da noch was für dich!“

Das Geschenk

Lisa folgte Bruno den Gang hinunter in das kleine Zimmer, was eher einer Abstellkammer glich. Der Raum war winzig und vollgestellt mit einer Unmenge an Kartons. „Ignorier das Chaos!“, lachte er und zog seine Jacke aus. „Bruno, du kannst dich ja hier kaum bewegen! Werden das jedes Jahr mehr Kisten? Was hebst du denn bloß alles auf?“, antwortete sie. „Ach, dies und das. Die meisten Kartons sind leer, weil die Weihnachtsdekoration draußen verteilt ist. Nach den Heiligen Drei Königen werden sie dann wieder gefüllt. Irgendwo muss ich den Weihnachtszauber ja lagern.“, winkte er ab.

„Du hast gesagt, du hast etwas für mich?“, fragte Lisa. „Richtig Kleines. Warte, muss suchen, wo ich es hingetan habe.“ Lisa beobachtete, wie Bruno einen Karton nach dem nächsten öffnete und ihn kopfschüttelnd wieder schloss.  „Ah hier!“, sagte er und zog ein kleines Paket aus einer der Kisten. „Deine Oma hat es mir vor ihrem Tod für dich gegeben.“ Sie starrte Bruno an: „Wie meinst du das? Vor ihrem Tod?“ „Als du Heiligabend vor drei Jahren nach Hause gefahren bist, ist sie zu mir gekommen und hat mich gebeten dir das Päckchen zu geben. Ich habe versucht, dich zu erreichen, aber du hast deine Telefonnummer und Adresse nach ihrem Tod geändert und deshalb lag das Paket jetzt drei Jahre hier in diesem Karton.“

Lisa spürte, wie ihre Augen feucht wurden. „Also wusste sie, dass sie stirbt?“, fragte sie.

Bruno wiegte den Kopf hin und her. „Ja, wahrscheinlich. Das erlebe ich hier öfter. Ich denke, die Menschen haben es im Gefühl, wenn die Zeit abläuft. Es war ihr sehr wichtig, dass du das Päckchen bekommst.“ „Danke, dass du es für mich aufbewahrt hast, Bruno.“, wisperte Lisa. „Gerne Kleines! Ich habe deine Großmutter sehr gemocht und dich ebenfalls.“ „Ich muss jetzt gehen.“, verabschiedete sie sich. „Lass dich mal wieder sehen und gib dem alten Bruno noch eine Umarmung.“

Als er die Arme um sie schloss, fühlte sie sich das erste Mal seit drei Jahren für einen kurzen Moment wieder geborgen. 

Ein Neuanfang

Es hatte angefangen zu schneien. Lisa sah in den Himmel und betrachtete die weißen Flocken, die sanft auf die Erde fielen. Sie zog ihre Jacke zu und machte sich auf den Heimweg. Das Geschenk steckte wohlbehütet in ihrer Tasche. Sie hatte es nicht geöffnet. Das brauchte sie nicht. Sie hatte die Schachtel erkannt.

Lisa knipste das Kellerlicht an und öffnete den Karton, den sie vor ein paar Stunden erst hier abgestellt hatte. Sie nahm den kleinen Engel heraus und ging in ihre Wohnung.

„Du wirst jetzt das ganze Jahr hier oben bleiben und kalt wird es dir auch nicht mehr.“, sagte sie mit einem Lächeln zu der kleinen Keramikfigur. Sie stellte den Engel auf der Kommode ab und nahm das Paket ihrer Oma aus der Jackentasche. Vorsichtig öffnete sie es, nahm einer der Kerzen hinaus und steckte sie in die Halterung. Als sie den Docht anzündete, schien es ihr, als würde das Engelchen für den Bruchteil einer Sekunde lächeln.

Manchmal reicht nur eine Kleinigkeit und dein Krafträuber wird zum Kraftbringer. Probier es aus!

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